Entwicklung: Nachhaltiges Design von Produkt-Service-Systemen
Nachhaltiges Design von Produkt-Service-Systemen (PSS) bezeichnet die ressourcenschonende Gestaltung von Produkten und Dienstleistungen unter Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus. In der Gestaltungsphase werden mithilfe von „Design for X“-Strategien – wie Nutzungseffizienz, Reparierbarkeit oder Recyclingfähigkeit – zentrale Weichen für Umweltwirkung, Materialeinsatz und Kreislauffähigkeit gestellt. Künstliche Intelligenz unterstützt diesen Prozess durch Simulationen, Lebenszyklusanalysen, generatives Design und Recommender Systeme, welche nachhaltige Alternativen vorschlagen.
Beschreibung
Die Gestaltungsphase ist die wichtigste Station im Lebenszyklus von Produkt-Service-Systemen (PSS), da in den entsprechenden Designprozessen die Stellschrauben für den Ressourcenverbrauch des gesamten Systems festgezogen werden. In der Gestaltungsphase können Informationen über den gesamten Lebenszyklus von Produkten und deren Nutzungsweisen miteinbezogen und entsprechend Einfluss auf den Ressourcenverbrauch entlang des gesamten Lebenszyklus genommen werden. Unter Abwägung sozialer, ökologischer und ökonomischer Faktoren können verschiedene „Design for X“-Strategien unterstützt werden, wobei X hier unter anderem für Nutzungseffizienz, Reparierbarkeit oder Recyclingfähigkeit stehen kann. Um die Potenziale von KI für diese Strategien heben zu können, ist das Vorhandensein ausreichend differenzierter Daten über den Lebenszyklus eine wichtige Voraussetzung (z. B. durch digitale Produkt- und Prozesspässe). Auf dieser Basis können eine digitale Simulationsumgebung aufgesetzt und entsprechend Optimierungsalgorithmen angewendet werden. In Begleitung müssen zirkuläre Geschäftsmodelle entwickelt werden, um wertschöpfungskettenübergreifend erreichbare Erträge über die Akteure entlang der Wertschöpfungskette fair zu verteilen. Eine faire Verteilung umfasst, dass die entlang der Wertschöpfungskette erzielten Erträge gerecht auf alle Beteiligten aufgeteilt werden. So bleibt jede Partei motiviert, mitzuwirken und das zirkuläre Geschäftsmodell kann langfristig funktionieren.
Neben den oben beschriebenen Anwendungsfeldern, die im engeren Sinne die Gestaltung betreffen, kann KI in zahlreichen weiteren Prozessen eingesetzt werden, die mit dem Design in Verbindung stehen, wie Erkennung von Ersatzteilen, Materialzusammensetzung oder die automatisierte Demontage und Reparatur. Auf diese Anwendungsfelder wird im Folgenden nicht im Detail eingegangen.
Potenziale
- Recommender Systems für nachhaltiges Design: Um nachhaltigkeitsorientierte Entscheidungen in der Gestaltungsphase zu ermöglichen, kann KI prototypische Beschreibungen von Produkt-Service-Systemen (PSS) über Sprachmodelle analysieren und anschließend über Recommender Systems zielgerichtete Vorschläge für die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten machen. Die Datenbasis für die beschriebenen Potenziale können Best Practice-, Material- und Umwelt-Datenbanken sein.
- Beschleunigung von Lebenszyklusanalysen und Erstellung vergleichender Szenarien: KI kann prospektive Lebenszyklusanalysen unterstützen, indem z. B. Stücklisten („Bill of Materials“) von Produkten mit Einträgen in Umweltdatenbanken verknüpft werden und so eine initiale Abschätzung der Umweltwirkungen beschleunigt wird. Dies ermöglicht zudem eine zeiteffiziente Erstellung von Szenarien, z. B. im Hinblick auf die Materialwahl, um so eine ökologisch optimierte Materialkombination zu finden.
- Design für Nutzungseffizienz / Leichtbau über Topologieoptimierung und generatives Design: Durch Leichtbau kann Material direkt eingespart werden, was nachgelagert im Bereich von bewegten Bauteilen (z. B. bei Fahrzeugen) in der Nutzung zu geringerem Energiebedarf führt. Hierfür kann z. B. eine Topologieoptimierung durchgeführt werden, die die Materialreduktionen bestehender Bauteile bei gleichbleibender struktureller Stabilität ermöglicht. KI kann dabei den Optimierungsprozess beschleunigen und optimieren – Rechenzeiten können mit KI bis zu 26 Prozent reduziert werden. Darüber hinaus können generative Algorithmen von Grund auf Leichtbaudesigns entwerfen, die nach einem Auswahlprozess unter Einbezug von Expert*innenwissen schließlich in die Produktion gehen können. Je nach Anwendungsfall kann Topologieoptimierung eine Massereduktion von 50 Prozent und mehr erreichen.
- Optimierung der Recyclingfähigkeit oder Reparierfähigkeit von Produkten: Die Recycling- oder Reparierfähigkeit von Produkten hängt unterem anderem von deren Materialzusammensetzung und Produktarchitektur ab. Beispielsweise sind Produkte mit komplexen Materialmischungen (z. B. Leiterplatinen) schwierig zu recyceln oder Produkte, die auf verklebte oder eingeschäumte bzw. eingeschlossene Bauteile setzen, häufig schlechter reparierbar (z. B. eingeschäumte Elektronik in Kühlschränken oder nicht-entnehmbare Akkus in Smartphones). Mit dem Wissen über Recycling- oder Reparaturprozesse kann KI dabei unterstützen, das Produktdesign zu optimieren, z. B. durch alternative Materialvorschläge, Bauteile und Bauteilkombinationen oder Verbindungsstrukturen.
Verbreitungsgrad
In der Designphase ist die Nutzung von KI im weiteren Sinne noch nicht Industriestandard. Im Ingenieurbereich werden schon seit Jahrzehnten bereits digitale Optimierungen von Prozessen und Bauteilen durchgeführt. Je nach Definition kann dies bereits als KI-Einsatz gewertet werden. Der intensive Einsatz von KI im weiteren Sinne, z. B. generative Algorithmen zur Schaffung neuer Designs im Gegensatz zur Optimierung bestehender Designs, ist momentan noch im Entwicklungsprozess. Es gibt jedoch bereits einige industrielle Anwendungsprojekte und -beispiele, mit denen Erfahrung über die realisierbaren Potenziale gesammelt werden und aus denen sich für die zukünftige Ausrichtung und Anwendung von KI-Technologien lernen lässt.